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Erneut menschenverachtende Verhältnisse in den Brügmannhallen

Als im August die Brügmannhallen erneut als Lager für Geflüchtete geöffnet wurden, äußerten wir bereits grundlegende Kritik an der Unterbringung von Menschen in Massenunterkünften und forderten ein menschenwürdiges Leben in Wohnungen (Problematische Unterkunft in den Brügmannhallen wird wieder geöffnet). Angesichts der Situation in den Hallen halten wir es für notwendig unseren bisherigen Wissensstand öffentlich zu machen. Hierbei beziehen wir uns auf einen Stand von vor etwa drei Wochen, sollten sich inzwischen die Zustände gebessert haben würden wir uns sehr freuen. Wir wurden bisher leider daran gehindert uns ein neueres Bild der Situation vor Ort zu machen.

Hygienische Situation

Dass nur 24 Duschen für ca. 200 Menschen zur Verfügung stehen ist sehr unangenehm (1 Dusche muss sich von 8 Menschen geteilt werden). Untragbar ist jedoch,dass diese nicht einmal abschließbar sind und keinerlei Privatsphäre bieten. Ebenfalls ist die Ausstattung der sanitären Anlagen ungenügend. So mangelt es z.B. oft an Toilettenpapier und Seife. Es gibt in den Brügmannhallen keine Möglichkeit Kleidung zu waschen. Den Bewohner*innen werden lediglich Marken für Waschsalons ausgegeben.

Gesundheit & Umgang

Bedingt durch die schlechen hygienischen Bedingungen leiden Kinder an Fieber. Verbunden mit einer nur sehr schwer zugänglichen ärtzlichen Versorgung wird dies in absehbarer Zeit schwere Folgen haben. Auch andere Menschen mit besonderen Bedürfnissen erhalten keine angemessene Behandlung. Sie müssen mit zu wenig Essen und Trinken auskommen. Die hygienische Situation und der nicht barrierefreie Zugang zu den Hallen, sowie die ständige Lärmbelästigung einer jeden Sammelunterkunft ist für diese Menschen noch schwerer erträglich. Die Vergabe von heiler und warmer Kleidung geschieht von verschiedenen Mitarbeiter*innen von European Homecare offensichtlich nach persönlicher Sympathie und Laune. Schon der African Tide Union e.V. (Verantwortlicher für die vorherige Sammelunterkünft in den Hallen Anfang des Jahres) versuchte Bewohner*innen einzuschüchtern und politisch unliebsamen Stimmen entgegenzuwirken in dem Privilegien gezielt zugestanden oder entzogen wurden. African Tide Union e.V. ist aktuell als Kooperationspartner von European Homecare an der Leitung der Brügmannhallen beteiligt.

Unser Zugang zu den Brügmannhallen

In der letzen Zeit versuchten wir die Bewohner*innen der Hallen über unsere Sprachkurse und unser Cafe Welcome zu informieren. Dies wurde uns bis vor einigen Tagen vom Betreiber European Homecare verboten (Viel Besuch aus den Brügmannhallen bei Sprachkursen und Cafe Welcome). Er erfand eine Regelung nach dem das Sozialamt der Stadt Dortmund jeden Flyer der verteilt werden soll genehmigen müsste. Auf Nachfrage gab das Sozialamt an, ihnen sei keine solche Regelung bekannt. Information über z.B. unsere Sprachkurse seien im Gegenteil sehr gefragt.

Wie schon unser kleiner Bericht über die Zustände in den Brügmanhallen zeigt hat European Homecare allen Grund zu versuchen uns jeglichen Kontakt in die Hallen zu erschweren. European Homecare ist schon lang dafür bekannt mit dem Elend von Menschen Geld zu verdienen (vgl. Artikel der Zeit und Kampagnenseite gegen European Homecare ). Die Zustände in den Brügmannhallen sind erneut schrecklich, wenn nicht sogar schlimmer als bei dem ersten Betreiben der Hallen.

Gegen Massenlager und gegen Nazihetze!

Logo: Mann, Frau und Kind laufen, im Hintergrund das Dortmunder UIn Dorstfeld ist im Gebäude des ehemaligen „Berufsförderungswerk des Deutschen Baugewerbes“ in der Straße Iggelhorst in Dorstfeld eine Unterkunft für minderjährige unbegleitete Geflüchtete (UMF) eingerichtet worden. Betrieben wird sie von African Tide, aktuell leben dort nach Medienangaben 52 Jugendliche. Security vor Ort sprachen von 80 bis 100 Jugendlichen. Diese leben seit Anfang Oktober in der Einrichtung und bleiben ca. 3-4 Wochen dort, bis sie auf andere Unterkünfte verteilt werden, so die Stadt. Sie befinden sich in der Obhut des städtischen Jugendamtes. Die Unterkunft liegt isoliert in einem trostlosen Gewerbegebiet in Dorstfeld. Dortmunder Neonazis haben in dieser Woche von der Einrichtung erfahren und begonnen, gegen die Unterkunft und ihre Bewohner*innen zu hetzen.

Dorstfeld ist kein einfacher Stadtteil. Eigentlich ist das Quartier migrantisch geprägt, doch seit einigen Jahren haben sich Nazis dort angesiedelt und wurden lange Zeit von Stadt und Zivilgesellschaft weitgehend in Ruhe gelassen. Die Einrichtung der Unterkunft werteten sie als Kriegserklärung der Stadt an sie.

Tatsächlich ist der Grat, auf dem das Jugendamt bei der Unterkunft in Dorstfeld wandert, sehr schmal. “In diesem Stadtteil ist das verantwortungslos und gefährlich”, ist ein Pol, “Dorstfeld auszuklammern wäre eine Kapitulationserklärung” der andere. Wenn das eigene persönliche wie institutionelle Verhalten von Nazis und Rassist*innen beeinflusst wird, unterstellt ihnen das eine Macht, die sie nicht haben und nicht haben dürfen. Fest steht aber, dass Stadt und Jugendamt Dortmund mit Offenheit und Transparenz die Hetze von Nazis und “besorgten Bürger*innen” im Keim hätte ersticken und Fragen von Anwohner*innen offen hätte beantworten können. Diese Chance hat sie verpasst.

Sie hat auch verpasst, etwas an ihrer Unterbringungspraxis zu ändern. Denn die Isolation setzt sich mit der Unterkunft im Industriegebiet weiter fort. Mitten im Nichts entstehen überall Massenunterkünfte, anstatt das Ziel der Unterbringung in Wohnungen, stärker zu forcieren. Die fehlende Nachbarschaft erschwert es, im alltäglichen Leben Kontakte aufzubauen. Ein Industriegebiet ohne öffentliche Nahverkehrsanbindung, ohne Infrarstruktur, Geschäfte, Cafes oder andere Orte an denen Interaktion mit anderen Menschen entstehen kann, darf keine Umgebung für die Unterbringung von Minderjährigen, von keinem Menschen, sein. Unter welchen Umständen die unbegleiteten Minderjährigen dort leben, ist unklar. Welche Möglichkeiten werden ihnen geboten, das unerträgliche Warten und die Ungewissheit zu verabreiten? Es muss umgehend eine Möglichkeit gefunden werden, die Jugendlichen unter angemessenen Umständen unterzubringen – auch in Dorstfeld!

Damit wollen wir nichts kleinreden – Dortmund hat ein gewaltiges Problem mit Neonazis. Dies ist nicht hinnehmbar und es gilt, sich überall dem rassistischen Mob und seiner widerlichen Hetze entgegenzustellen! Doch nicht nur in Dortmund hetzen Nazis, Rassist*innen und „besorgte Bürger*innen“, gegen Unterkünfte für geflüchtete Menschen. Überall in Deutschland, besonders häufig in Sachsen, sind rassistische Kundgebungen, Proteste gegen Unterkünfte, „Nein zum Heim“-Initiativen und gewalttätige Übergriffe an der Tagesordnung. Die Mobilmachung gegen Geflüchtete ist im vollen Gang, überall kursieren Debatten zu sogenannten „Asylmissbrauch“ und „Masseneinwanderung“. Geflüchtete Menschen werden rhetorisch mit „Lawinen“ und „Flut“ gleichgesetzt. Asylgesetze werden verschärft und Geflüchtete leiden unter Abwertung, Ausgrenzung, Übergriffen. Und sie leiden auch unter den fehlenden oder schlechten Unterbringungsmöglichkeiten.

Soweit, so schlecht. Wir haben die Schnauze voll davon! Schaut nicht weg, haltet die Augen offen und lasst die rassistische Hetze nicht unkommentiert. Mischt euch ein, wenn die Zustände in den Unterkünften menschenunwürdig sind. Gegen isolierte Unterbringung und für ein solidarisches und offenes Miteinander.

Solidarität mit allen Geflüchteten! Für menschenwürdige Zustände! Dorstfeld ist kein Nazi-Kiez!

Anschlag mit Botschaft

Verkohlte Hauswand einer Schule, davor Polizei-Absperrband

Das Leibniz-Gymnasium. Quelle: aa170.noblogs.org

Am Wochenende haben Unbekannte in der Nähe der Notunterkunft an der Leibniz-Schule im Kreuzviertel Müllcontainer angezündet. Die Container standen an einer Außenwand der Schule, weniger als 100 Meter von der Turnhalle entfernt, in der seit einigen Wochen 125 geflüchtete Menschen untergebracht sind.

Was am Sonntag nur ein Gerücht war, wurde am Montag bestätigt. In den Brandresten wurden Spuren von Brandbeschleuniger sichergestellt. Schon am Sonntag hatten Menschen, die in der Nähe der Unterkunft wohnen, von der Polizei vor Ort gesagt bekommen, dass die Tat nach einer rechten Tat aussehe.

Es ist nicht eindeutig belegt, dass der Brand einen rassistisch motivierten Hintergrund hat, und wahrscheinlich wird es auch nicht belegt werden können. “War bestimmt nur ein Halloweenscherz”, ist an einigen Ecken wieder zu hören und zu lesen. Vielleicht war es das. Es wäre beruhigend, wenn es so war.
Bleibt der Verdacht, dass es eben nicht so war. Sondern dass der Brand ein Anschlag war und ein klares Ziel hatte, nämlich, den in der Turnhalle untergebrachten Geflüchteten Angst zu machen und ihnen die Botschaft zu senden: Ihr seid hier nicht erwünscht.

Die letzten Monate haben gezeigt, dass rassistische Attacken auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte zur Normalität zu werden drohen, vielleicht längst sind. Und dass Rassismus als Randphänomen von “Extremist*innen” betrachtet wird, das die meisten Menschen nicht betrifft. Doch, er betrifft “uns”, er ist tief verankerter Bestandteil der deutschen Gesellschaft. Es sind bei weitem nicht immer organisierte Neonazis, die solche Brände legen. Es sind die Sachbearbeiter*innen, die Feuerwehrleute, die, die angeben, Angst zu haben vor “den Fremden”. Es ist die Mitte der Gesellschaft.
Es ist die gleiche Mitte der Gesellschaft, die Geflüchtete in “gute” und “schlechte” einteilt, die glaubt, bestimmen zu können, welche Fluchtgründe legitim sind und welche nicht. Die so große Angst davor hat, von dem eigenen Vielen ein bisschen was abgeben zu müssen, dass sie anderen das wenige, was sie haben, nicht gönnt. Ob man sie “Asylkritiker*innen” nennt, “besorgte Bürger*innen” oder “Flüchtlingsgegner*innen”, ist egal. Was sie tun, lässt sich klar benennen: rassistische Gewalt.

Gegen rechte Hetze! Gegen Rassist*innen und Nazis!
Refugees welcome!