Hacheney ist eine der Erstaufnahmeeinrichtungen, in der sich Geflüchtete auf der Suche nach Asyl melden müssen. Nach kurzer Zeit werden sie dann woanders weiterverwaltet. Seit einigen Wochen schließt die Einrichtung in Hacheney regelmäßig und den ankommenden Geflüchteten wird der Zutritt verwehrt. Die Stadt und die Einrichtung informieren in den Medien dazu und begründen die Schließung mit einer zu großen Anzahl von Geflüchteten vor Ort und den steigenden Flüchtlingszahlen in den vergangenen Monaten.
Angstszenarien und „Fremdenfeindlichkeit“
Dass dieser Anstieg seit langer Zeit absehbar war und die Kommunen ohne den aktuellen Zeitdruck seit Langem aufgefordert waren, ihre Unterbringungspraxis zu verändern, menschenwürdiger zu gestalten und auszubauen, bleibt hierbei jedoch unerwähnt. Im Fokus steht eine Darstellung, die an die der 90er Jahre erinnert: Deutschland wird überrannt, man möchte ja gerne, aber die schiere „Flut“ von Menschen macht ein Handeln der politischen Akteur*innen unmöglich.
Ein Problem wird politisch und medial geschaffen und für alle deutlich fühlbar als nicht mehr zu bewältigen dargestellt. Die Bilder von geschlossenen Unterkünften und die dargestellte Hilflosigkeit der Kommunalpolitiker*innen, Szenarien von Fluten und zusammenbrechenden Systemen sollen Menschen unmissverständlich klar machen, dass eine Grenze des Möglichen und Gewollten in der Unterstützung von Geflüchteten erreicht ist. Damit werden Ängste um die eigene Existenz und soziale Sicherheit heraufbeschworen. Aus der naturkatastrophenähnlichen Darstellung von Geflüchteten werden diese nach und nach selbst als Problem ausgemacht und als Feindbild konstruiert. Sie werden nicht als gleichwertige Menschen behandelt und somit wird ihnen auch eine Gleichbehandlung mit Nicht-Geflüchteten abgesprochen. Dieses spiegelt sich auch in der Art der Unterkünfte wieder: Zeltlager, Container, Turnhallen erscheinen vor diesem Hintergrund folgerichtig und notwendig. Geflüchtete werden als „Andere“ deutlich sichtbar gemacht und gleichzeitig die Botschaft vermittelt: „Ihr bleibt nicht lange, ihr seid nicht wie wir“. Würde und Gleichberechtigung spielen keine Rolle mehr in der Debatte um Unterbringungspraxis, Kriterien für „angemessene“ Unterbringung sind „Wir“ und „die Anderen“. Eine bewusst versäumte Vorbereitung auf eine lange angemahnte menschenwürdige Unterbringungspraxis ist kein Thema.
Das Problem heißt Rassismus
Für uns steht außer Frage, dass jede*r ihren*seinen Ort zum Leben frei wählen darf. Wir wollen nicht darüber diskutieren, welcher Fluchtgrund legitim ist und ob es stimmt, dass „die Ausländer*innen“ alle kriminell seien und hier in Saus und Braus leben wollen. Die „Asyldebatte“ ist von Rassismus und menschenverachtenden Einstellungen geprägt. Geflüchtete werden pauschal zu Menschen zweiter Klasse degradiert. Nicht nur Neonazis hetzen offen gegen Asylsuchende und behaupten, diese würden „unsere völkische Reinheit“ zerstören. Auch ganz normale Bürger*innen sorgen sich, nur mit anderen Worten, darum, zur Minderheit im „eigenen Land“ zu werden. Diese Ängste um den Erhalt einer wie auch immer definierten abendländischen Kultur paaren sich in Zeiten viel thematisierter ökonomischer Krisen mit der Sorge um den eigenen Wohlstand, um „unsere“ Arbeitsplätze und „unser“ Sozialsystem.
Dem gilt es eine starke antirassistische Haltung und Praxis entgegenzustellen und das Problem zu benennen, um das es geht: Rassismus.
Und jetzt?
Die Bilder, die in Hacheney produziert, und die Situation, der die dort ankommenden Menschen ausgesetzt werden, sind Folge tiefverwurzelter Rassismen in dieser Gesellschaft. Da wo Menschen nicht als Menschen, sondern als Verwaltungsvorgänge, Nummern und Kostenfaktoren verstanden werden, ist ein Hinnehmen von Verletzungen der Menschenwürde das unausweichliche Ergebnis!
Den Impuls, Verständnis mit der Überforderung der Stadt zu haben und diese auch zu zeigen, hatten viele. Es ist umso wichtiger, die Situation der Kommunen, und also auch der Stadt Dortmund, im Kontext einer sich seit langem abzeichnenden Verwaltungslogik und Verdinglichung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft zu sehen.
Wir können nicht hinnehmen, dass solch eine Politik betrieben wird. Es ist notwendig, die Ideen und Motivationen hinter den Schließungen der Aufnahmestelle in Hacheney anzugreifen und gemeinsam antirassistische Praxis Realität werden zu lassen.