Redebeiträge der Kundgebung am 15. März

Die Redebeiträge der Kundgebung gegen rassistische Polizeigewalt in der Dortmunder Nordstadt und überall am 15. März sind jetzt online. Ihr findet hier die Beiträge von Refugees Welcome Dortmund (deutsch | english | francais), der Amnesty Hochschulgruppe Dortmund (deutsch|english) und von Asylum Seekers Dresden (english). Die Gruppe konnte ihre Rede leider nicht selbst halten, wir veröffentlichen sie hier aber gerne.

Refugees Welcome Dortmund (deutsch|english)

Rassistische Polizeigewalt in der Dortmunder Nordstadt

Wir befinden uns hier in der Dortmunder Nordstadt vor der Polizeiwache Nord. Die Polizei bezeichnet diesen Stadtteil als “kriminalitätsbelastet”. Besonders hier sind unbegründete Personenkontrollen von Schwarzen und „anders“ aussehenden Menschen zu beobachten. Polizei und Gerichte nennen das “verdachtsunabhängige Kontrollen”. Wir nennen es Rassismus!

Hinter diesen Kontrollen steckt mehr als sich auf den ersten Blick vermuten lässt. Sie sind Teil des sogenannten “Racial Profilings”: die Kontrolle, Überwachung oder Ermittlung in Bezug auf vermeintlicher „Rasse“, „Hautfarbe“, Sprache, Religion, Nationalität oder „ethnische Herkunft“. Diese Polizeiarbeit geht weit über eine bloße Kontrolle hinaus, sondern bestimmt auf verschiedenen Ebenen das Handeln der Polizei und wird daher nicht nur von der UN, EU und Amnesty International scharf kritisiert.

Durch die ständigen rassistischen Polizeikontrollen, entsteht in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass vermeintlich „Nicht-deutsche“ tatsächlich krimineller sind als alle andere Deutsche – Selbstverständlich zu unrecht. Wohin so etwas führen kann liest Mensch als rassistische Hetze in der Bildzeitung oder sieht es an den zahlreichen Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte und -wohnungen.

Auch bei der Polizei führt die durch die Kontrollen verzerrte Wahrnehmung zu schwerwiegenden Folgen. PolizistInnen können dadurch selber schnell zu überzeugten RassistInnen werden oder schon vorhandene rassistische Ideen bestätigt sehen. Ein Polizist der zu rassistischer Gewalt greift fühlt sich dann moralisch im Recht. Rassismus bei der Polizei ist jedoch nicht nur ein persönliches Problem. Sie ist Teil einer Praxis, die von der Institution Polizei ausgeht und dort in Aufbau, Arbeitsplanung und der grundlegenden Gesetzgebung verankert ist. Vor allem das Polizeigesetz liefert die Grundlage für das immer wieder in der Kritik stehende “Racial Profiling”.

Laut Polizei ist die Dortmund Nordstadt ein “Gefahrengebiet”. Das Gesetz erlaubt ihnen hier ohne Rechtfertigung willkürliche und damit auch rassistische Kontrollen vorzunehmen. Neben dem schon erwähnten Vorfall hier ein weiteres Beispiel: Ein Mensch beobachtete im Sommer letzten Jahres mit zwei FreundInnen, wie ein Polizist in Zivil in der Nordstadt einen Schwarzen Menschen ohne ersichtlichen Grund zusammenschlug. Er entschied sich dafür, den Polizisten wegen Körperverletzung anzuzeigen. Er stellte sich als Zeuge zur Verfügung und wurde prompt selbst angezeigt. Er habe den Polizisten angegriffen und verletzt. Verbände von Betroffenen rassistischer Polizeigewalt berichten davon, dass es üblich ist, dass Opfer oder ZeugInnen von Polizeigewalt selbst angezeigt werden. Dies geschieht um die Glaubwürdigkeit der ZeugInnen zu zerstören und die Polizeigewalt gegenüber den Opfern zu rechtfertigen. Der von der Polizei Angezeigte wurde vor Gericht freigesprochen und der Richter lobte ihn für seine Zivilcourage. Das ist leider keine Selbstverständlichkeit. Untersuchungen zeigen: auch vor Gericht fließen rassistische Bewertungen nicht selten in die Urteile ein. Der gewalttätige Polizist wurde freigesprochen.

Abschließend noch ein paar Hinweise was ihr tun könnt, wenn ihr eine rassistische Kontrolle beobachtet oder von dieser Betroffen seid:

  • Fragt nach dem Grund für die Kontrolle.
  • Fragt die betroffene Person ob sie Unterstützung benötigt.
  • Stellt euch der betroffenen Person als ZeugIn zur Verfügung.
  • Schreibt ein Gedächtnisprotokoll.
  • Möchtest du eine Anzeige stellen, tue dies unbedingt bei der Staatsanwaltschaft, nicht bei der Polizei.

Racist police brutality in Dortmund’s Nordstadt

We are standing here in Dortmund’s Nordstadt near the Police Station of this district. “Contaminated by crime” are the words the Police uses to describe this district. Especially here you can observe many causeless personal controls of black people and people that look different. Police and Courts call it “controls without suspicion”. We call it racism!

These Controls are caused by a complex strategy, which might not be seen at first glance. It is part of the so-called “Racial Profiling” meaning the control, monitoring or investigation regarding alleged “race”, “color”, language, religion, nationality or “ethnicity”. This police practice is more than a simple personal control. It is determining the police work on different levels. Therefore it is criticized by the UN, EU and Amnesty International.

As a consequence of the constant racist police controls, the false public impression arises of supposed “non-german” people being more criminal than all the other German. Leading to racist agitation of the Bildzeitung and many attacks on living quarters and homes of Refugees.

Even the police is heavily affected by the distorted perception, caused by this controls. In short time policemen and -women can become racists or already existing racist ideas are being confirmed. Therefore, a policeman causing racist violence, feels good about it in a ethical way. But, racism can not be defined as a individual problem on its on. It is part of a practice, coming from the whole police institution. Where it is anchored in construction, work planning and basic legislation. In particular, the police act is the base of the constantly criticized „Racist Profiling“ in Germany.

According to the police, Dortmund’s Nordstadt is a “danger zone”. For those zones they are allowed by law to control persons without justification and thus doing racist controls.

Besides the already mentioned example here is another one: Last summer, a person with his two friends was witness of a plainclothes policeman beating a black person without any apparent reason. The witness reported the mayhem to the police. He provides himself as witness to the police. In consequence he was accused by the police. He was reported to have attacked the policeman and have injured him. Associations of victims of racist police violence report of victims or witnesses of police violence being accused by the police as a common practice. To destroy the credibility of the witness and the victim and to justify the police violence are the reasons for this behavior of the police. In this case, the witness was found not guilty at the court and was complimented by the judge for his moral courage. Unfortunately, this is not normal. Studies have shown that even in court racist ideas are influencing the judgments. The violent policeman was found not guilty.

Finally, a few hints for what you can do if you observe a racist control or are affected by it:

  • Ask about the reason for the control
  • Ask the affected person if he or she needs support
  • Offer yourself for being a witness to the affected person
  • Write a personal memorandum
  • If you want a accusation of the racist control, report to the prosecution, not to the police.

 

Amnesty Hochschulgruppe Dortmund(deutsch|english)

Wir möchten den heutigen internationalen Tag gegen Polizeigewalt zum Anlass nehmen, ein sofortiges Ende von Polizeigewalt und insbesondere der Praxis des „Racial und Ethnic Profiling“ zu fordern „Racial Profiling“, polizeiliche Ermittlungsverfahren die auf Zuschreibungen wie der vermeintlichen „Rasse“, „Hautfarbe“, Sprache, „ethnischen Herkunft“ der betroffenen Person beruhen und nicht an einen konkreten Verdacht anknüpfen, verstößt gegen Völkerrecht und ist zudem wirkungslos.

Statistiken zeigen dass Racial Profiling kaum Fahndungsergebnisse bringt, dafür aber als rassistische Diskriminierung einen Angriff auf das Fundament der Menschenrechte darstellt: die gleiche Würde aller Menschen. Die so kontrollierten Menschen werden öffentlich gedemütigt und gesellschaftliche sowie individuelle rassistische Stereotype und Vorurteile verstärkt. Bei Amnesty liegen uns zahlreiche Beschwerden über Diskriminierung durch Racial Profiling vor, rechtlich liegt das Verfahren in einer Grauzone und wurde in der Vergangenheit in Deutschland gerichtlich nicht verurteilt.

Offiziell bestreitet die Bundesregierung das Racial Profiling verwendet wird. Dies steht im Widerspruch zu von Amnesty dokumentierten Fällen und Statistiken. Wir fordern öffentlich anzuerkennen dass Racial und Ethnic Profiling in Deutschland existiert und ausdrücklich klar zu stellen, dass Racial Profiling unter keinen Umständen gerechtfertigt ist. Es müssen endlich qualitative und quantitative Daten zum Ausmaß von Racial Profiling erhoben und ausgewertet werden. Die geltenden Gesetze müssen einer grund- und menschenrechtlichen Überprüfung unterzogen werden. Weiterhin fordern wir unabhängige Beschwerdestellen einzurichten für die Fälle von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei. Dazu zählt die rassistische Diskriminierung.

Um im allgemeinen Polizeigewalt entschieden entgegenzuwirken, fordern wir darüber hinaus mehr Transparenz in der Polizeiarbeit. Im Dienst müssen PolizistInnen durch individuelle Kennzeichnung erkennbar werden. Auch in der Ausbildung zum Polizeidienst fordern wir Reformen, die ein nachhaltiges Antirassismustraining beinhalten und längerfristig präventiv gegen Polizeigewalt wirken.

Wir wollen ein Klima der Offenheit und Toleranz schaffen, in dem sich kein Mensch allein aufgrund von Hautfarbe, Geschlecht, Religion, Ethnizität oder Herkunft fürchten muss Opfer von Diskriminierung zu werden. Für ein buntes Dortmund der Vielfalt!

englisch

Today, since we have come together for the international day against police brutality, we now demand an immediate end of police violence and specifically of „Racial and Ethnic Profiling“
Racial Profiling is a preliminary proceeding conducted by the police which is premised on the supposed „race“, „skin color“, language or „ethnic origin“ of the person targeted and is not based on reasonable suspicion. It is a proceeding that violates international law and is ineffective as well.
Statistics show us that Racial Profiling does not effect success in apprehending suspected criminals, but that it is a racist discrimination which is a hazard to the fundament of human rights: the equal dignity of all human beings.

The persons who suffer from racial profiling –deprived of any agency- are being publicly humiliated and individual as well as societal racist stereotypes and prejudices are enforced.
In our work with Amnesty we have accumulated numerous complaints about discrimination through racial profiling. Legally, this proceeding is in a grey area and has so far not been judicially condemned. The German Goverment publicly denounces that Racial Profiling is applied by the police in Germany. This highly conflicts the reported cases and statistics Amnesty International has documented so far.

We demand of the German Government and Police to acknowledge Racial and Ethnic Profiling exist in Germany and to make it clear that Racial Profiling is never justified.
We demand a qualitative and quantitative data collection and evaluation concerning the extent of Racial Profiling.Existing laws have to be subjected to a thorough examination of whether or not they conform to human and basic rights.  Moreover, we demand the implementation of independent complaints departments that deal with the cases of severe violations of human rights by the police. To be included is racist discrimination.

One crucial step to take in fighting police violence, is more transparency in police work.
When on duty, we demand that police officers must be distinguishable through individual badges.
Also, police training has to be reformed to include a sustainable and effective anti-racism-training so to work preventative against police violence on the long run.

We want to create an atmosphere of openness and tolerance, where none of us, no human being fears to be discriminated against because of skin color, gender, religion, ethnicity or origin.
We want our Dortmund to be of a colourful diversity!

Asylum Seekers Dresden

Dresden – Auch nach der Räumung des Refugee Camps wollen die Aktivistinnen weiter machen*

Nach einer Refugees-Welcome Demo Ende Februar besetzen ca. 50 Aktivist*innen den Theaterplatz vor der Semperoper in Dresden. Es ist eine Antwort auf die Missstände in den Geflüchtetenunterkünften, Protest gegen die herrschenden Verhältnisse der (deutschen) Asylpolitik und ein Zeichen gegen die rassistischen Normalzustände und PEGIDA. Sie erfuhren Unverständnis seitens der Politik, rassistische Anfeindungen aus der Zivilgesellschaft und offensive Angriffe von PEGIDA-Anhänger*innen und Neonazis.
Wir sind solidarisch mit den Aktivist*innen- auch wenn das Camp längst vorbei ist. Die Aktivist*innen wollen ihren Protest fortführen und es bedarf einer breiten Unterstützer*innenstruktur. Eigentlich wollten wir ein Statement einer Geflüchteten über die Ereignisse in Dresden als Redebeitrag bei unserer Kundgebung gegen rassistische Polizeigewalt verlesen. Der Text kam leider etwas zu spät, und wollen ihn nun auf diesem Wege veröffentlichen:

“Attacking Refugee Struggle Dresden’s protest camp in Dresden on Monday 03.03.2015 and the attempt to burn down the non-citizen’s (refugee) camp in Freital on Friday 07.03.2015 by racist demonstrators, are true evidence of Pegida movement’s success in gathering and organizing fascist potential in the society, after 4 months of demonstrating, and were a clear announcement of radicalisation of this movement.

In between police as a security force protecting society, undoubtedly has no intention to confront the fascism which emerged from this community, since every action against it would be an action against the community and its governance system. Attack and aggressive behavior of Police versus legal protest of non-citizens in Dresden happened while the police forces were doubled in number compared to a night before when Pegida attacked the protest camp. It seems that the police and its aggregation are an implement for forgetting the ugly truth of Saxony’s community.

Saxony’s government led by Markus Ulbig, with attacking Refugee Struggle Dresden’s protest camp with massive police forces and preventing them to continue their legal protest, wanted once more to picture the criminal image of non-citizens in society’s mind, thus in future non-citizens’ protests, the need for suppressing these protest would be showen the communities will, not just a governmental political decision.“

Mehr Infos zur Gruppe: refugeestruggledresden.wordpress.com