Für ein besseres Morgen, Freiheit und Solidarität

Unser Redebeitrag zur Demonstration „Keine Zukunft diesen Zuständen – Für ein besseres Morgen“ vom 03.06.2016.

Tägliche Angriffe auf geflüchtete Menschen werden in Deutschland inzwischen als Normalität hingenommen. Das spiegelt nicht nur das Ausmaß des Rassismus in der breiten Gesellschaft wider,  sondern trägt darüber hinaus erheblich zur Legitimation der rassistischen Verhältnisse bei.

Diese basieren auf unterschiedlichen Ideologien und Menschenbildern, die Zusammen das gleiche Ergebnis bedeuten. Die Neonazis arbeiten für einen neuen Nationalsozialismus mit der zu Grunde liegenden Idee von Volk und Reinhaltung der überlegenen Rasse. AfD und Pegida träumen von der homogenen Nation und deutscher Leitkultur. Alle parlamentarischen Kräfte halten die nationale Identität hoch, die ihren Machtanspruch sichert. Sie wollen die Welt in konkurrierende Gemeinschaften unterteilen. Auch „Deutsche“ Bürger*innen wollen sich abgrenzen und aufwerten, um sich zu versichern, dass die eigene gute Situation auf einer ganz persönlichen Eigenschaft beruht – ihrer Nationalität. Menschen rücken durch „Schaffen wir das?“ und „WIR können nicht alle aufnehmen“ plötzlich in einem gemeinsam gefühlten „Wir“ zusammen. Das Nationalgefühl hat wieder Konjunktur – auch bei denjenigen, für die Nation bisher keine große Rolle gespielt hat.

Der immer weiter erstarkende Rassismus ermöglicht mehr und mehr Asylrechtsverschärfungen und die Verlängerung einer Liste sicherer Herkunftsstaaten, die ausschließlich Werkzeug zur noch einfacheren Abschiebung ist. In dem gesellschaftlichen Klima, das durch die Ereignisse der letzten Kölner Silversternacht befeuert wurde ist es gerade jetzt günstig, Marokko, Algerien und Tunesien auf diese Liste zu setzen. Die dominierende rassistische Unterstellung, es seien besonders nordafrikanische Geflüchtete, die sexualisierte Gewalt ausübten, nimmt der Gegenwehr jeden gesellschaftlichen Rückhalt. Maßnahmen, die noch starken Widerstand hervorrufen könnten, werden geschickt aus dem Blickfeld der deutschen Gesellschaft entfernt. So ist die Türkei jetzt beauftragt Bewegungen nach Europa zu verhindern und hat die Freiheit, dies mit brutalsten Mitteln durchzusetzen.

Mitten in Dortmund zeigt sich eine andere Auswirkung der rassistischen Normalität. Vor den Augen aller werden Menschen in Lager gesperrt. Wir lassen zu, dass mitten unter uns ein Lagerleben und eine Ghettoisierung geschaffen wird. Profitorientierte Beitreiber*innen nutzen jede Gelegenheit um Gewinn aus der Situation der Geflüchteten zu schlagen. Und dabei können sie sich noch als Wohltäter*innen verkaufen.
In der Innenstadt, in Wohnvierteln und an Hauptverkehrswegen leben Geflüchtete zusammengepfercht und ihrer Würde beraubt. Dies spitzt sich an Orten wie Turn- und Traglufthallen zu, die, obwohl sie für alle sichtbar sind, von den meisten ausgeblendet werden. Auch radikale Linke nutzen gegenwärtig Labels wie „Refugees Welcome“ und „Kein Mensch ist illegal“. Aber in den seltensten Fällen wird Kontakt zu Geflüchteten in Lagern aufgenommen. Während sich so auf eine politische Solidarisierung zurückgezogen wird, statt eine praktische Solidarität zu leben, verstehen sich viele Unterstützungskreise und Wohlfahrtsverbände vor Ort nur als Helfer*innen und blenden allzu oft die politische Dimension aus.
Indes funktioniert der Plan durch Lager weitere Vorurteile gegen Geflüchtete zu schüren hervorragend. Die Probleme, die durch das enge Zusammenleben ohne jegliche Privatsphäre auftreten, werden Medial inszeniert und Geflüchteten als Eigenschaften zugeschrieben.

Für eine Zukunft in Freiheit, Individualität und Gleichheit, muss schon heute solidarische Praxis gelebt werden. Dafür darf die Erkenntnis, dass eigene Privilegien auf Verhältnissen basieren, die wir angreifen wollen, nicht nur ein Lippenbekenntnis bleiben.
Solange sie existieren, nutzt eure Privilegien als Passinhaber*innen um so mit Menschen die durch nationalistische und rassistische Strukturen abgewertet werden die Verhältnisse anzugreifen. Politische Solidarität kann in diesem Zusammenhang nur durch konkrete Unterstützung im Alltag konsequent gelebt werden. Sucht den Kontakt mit Geflüchteten und durchbrecht so die Isolation. Unterstützt auf dem Amt, gegen Bullen oder beim Sprache lernen.

Für ein solidarisches Heute und für eine Zukunft ohne Nationen und Grenzen!