Wenn Parkplätze mehr zählen als Menschen

Manche Tage machen Bauchschmerzen. Zum Beispiel einer, an dem die Angst vor Geflüchteten in der eigenen Nachbarschaft größer ist als die Solidarität mit ihnen. Die Stadt Dortmund richtet zurzeit in mehreren Stadtteilen Unterkünfte ein. Bei denen, die in diesen Stadtteilen wohnen, stößt der Verwaltungsakt auf wenig Verständnis. Klar müssen, so der Tenor bei vielen Menschen, die Menschen aufgenommen werden – aber doch bitte nicht gerade in ihrer Nachbarschaft. Zwei Stunden unter „besorgten Bürgern“. Sechs Container sollen es werden, sagt die Sozialdezernentin Birgit Zörner, 300 Geflüchtete sollen in ein paar Wochen darin unterkommen. Sie hat diese Sätze so ähnlich oft gesagt in den letzten Wochen. Seit Anfang November hat die Stadt Dortmund sieben neue Unterkünfte für Refugees angekündigt oder schon eröffnet. Zu jedem Standort gibt es eine Informationsveranstaltung, bei der die Anwohner*innen Informationen bekommen, aber auch Sorgen äußern und Hilfe anbieten können. Nicht alle Veranstaltungen sind gleich: Während die Nachbar*innen in der Adlerstraße überraschend aufgeschlossen und hilfsbereit waren und bis heute sind, nutzte die Partei Die Rechte den Termin in Wickede, wo Wohncontainer errichtet werden sollen, für eine Kundgebung „gegen Asylmissbrauch“.

Heute also Brünninghausen. Dort ist auch der Dortmunder Zoo – und auf dessen Parkplatz sollen die Geflüchteten ab Anfang des nächsten Jahres wohnen.

Zörner erzählt von Kriegen und Not, der Bezirksbürgermeister von einer „Flüchtlingswelle“. In der Lokalzeitung wurde er eine Woche zuvor mit den Worten zitiert, dass der Zoo-Parkplatz sich gut eigne, weil „die Wohnbebauung nicht so nah dran“ sei. Dass er damit kräftig mitzündelt an Feindseligkeit, Angst und Ausgrenzung, scheint er gar nicht bemerkt zu haben.
Es meldet sich ein Anwohner. Durch die Container fielen ja Parkplätze weg, und davon gäbe es vor Ort ohnehin so wenige. Und wenn es mal einen Notfall gäbe, käme der Krankenwagen nicht durch. „Darüber mache ich mir mehr Sorgen als über die Asylanten“, sagt der besorgte Bürger. Ein anderer fragt, wie in Zukunft für Sicherheit gesorgt werde. Und noch ein anderer hat schon jetzt grauenhafte Bilder von „Belästigungen“ und „schmutzigen Vorgärten“ vor Augen.

Es gibt aber auch Momente, die die Bauchschmerzen abschwächen. Zum Beispiel, als ein Funktionär von Die Rechte von „Ausländerkriminalität“ spricht – und Zörner ihm entgegnet, dass er sich damit ja auskenne, wo doch seine Partei das erste vorbestrafte Mitglied im Dortmunder Stadtrat stelle. Als ein Sportverein und Jugendliche von einer ansässigen Schule ihre Unterstützung anbieten. Oder als eine Frau sagt, dass die Menschen vor allem Nachbarn brauchen. Und eine faire Chance verdient haben. Trotzdem: Die Bauchschmerzen sind nur ein bisschen schwächer. Sie sind nicht weg.